Briefwechsel zur Versöhnung zwischen deutschen und polnischen Bischöfen vor 55 Jahren
Am 18. November 1965 übergaben Polnische Bischöfe während des Zweiten Vatikanischen Konzils ihren deutschen Amtsbrüdern einen Brief, in welchem sie zur gegenseitigen Versöhnung aufriefen.
In der Schrift betonten die Geistlichen nicht nur die negativen, sondern auch die positiven Phasen der gemeinsamen Geschichte. Neben dem polnischen Leid thematisierten sie außerdem die Grausamkeiten, welche die Nationalsozialisten der deutschen Bevölkerung angetan hatten und das Leid der Deutschen im Zuge der Vertreibung. Wegen seiner christlichen Prägung sei Polen darüber hinaus Teil des westlichen Abendlandes. Als wichtige Bedingung für eine wirkliche Aussöhnung forderten sie indirekt die Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze durch die deutschen Bischöfe. Außerdem luden die polnischen Bischöfe ihre deutschen Amtsbrüder zur Feier anlässlich des 1000. Jahrestages der Christianisierung Polens ein. Der Brief enthält die berühmten Worte „[wir] gewähren Vergebung und bitten um Vergebung“.
Zur Zeit des Briefes belastete das von den Nationalsozialisten in Polen angerichtete Leid das Verhältnis beider Länder noch stark. Mit ihrem Brief widersprachen die polnischen Geistlichen dem nationalen Geschichtsnarrativ der „Erbfeindschaft“ und stellten die Bündnispolitik mit der Sowjetunion in Frage. Die sozialistische Regierung reagierte darauf mit einer massiven antikirchlichen Kampagne, in welcher die Bischöfe als Verräter Polens denunziert wurden.
Die deutschen Glaubensbrüder nahmen die Einladung zu den Feierlichkeiten an, ihre Antwort fiel allerdings relativ distanziert aus. So positionierten sie sich nicht eindeutig zur wichtigen Frage der Oder-Neiße-Grenze, weil sie Angst vor der Reaktion der deutschen Gläubigen hatte. Dies enttäuschte die polnischen Bischöfe sehr. Trotzdem gilt der Brief heute als Meilenstein des deutsch-polnischen Versöhnungsprozesses und wichtiger Beitrag für die Einigung Europas.