Lesung mit Prof. Navid Kermani: "Entlang den Gräben. Eine Reise durch das östliche Europa bis nach Isfahan" und Diskussion mit Prof. Dr. Krzysztof Ruchniewicz

Am 7. März 2020 war Prof. Navid Kermani zu Gast bei der Freya von Moltke Stiftung in Berlin. Der im Jahr 2015 mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnete Orientalist und Schriftsteller las vor ca. 150 versammelten Gästen aus seinem Buch "Entlang den Gräben. Eine Reise durch das östliche Europa bis nach Isfahan". Prof. Krzysztof Ruchniewicz, Direktor des Willy Brandt Zentrums für Deutschland- und Europastudien der Universität Wrocław, und Protagonist des Buches diskutierte mit. Den Abend eröffnete die stellvertretende Vorsitzende des Stiftungsrates der Freya von Moltke-Stiftung Christine von Arnim. Die Moderation übernahm Dr. Anna Quirin, die Geschäftsführerin der Stiftung.

Für die Lesung wählte Navid Kermani Passagen, die sich mit dem Erinnern an den II Weltkrieg und an Holocaust befassten, um somit eine besondere Brücke zum Veranstaltungsort – der Mendelssohn-Remise in Berlin – zu schlagen. Im Fokus der Diskussion stand das Thema der Erinnerungskultur in Deutschland und in seinen östlichen Nachbarländern, insbesondere folgende Fragen: Wie können Denkmäler die begangenen Verbrechen, an welche sie erinnern sollen, begreifbar machen? Mit welchen Mitteln kann das kollektive Erinnern in einer zunehmend fragmentierter Gesellschaft vermittelt werden? Welche Rolle kommt dabei der Politik, der Wissenschaft und der Zivilgesellschaft zu?

Für Navid Kermani stellt das eigene historische Gedächtnis dabei eine Schlüsselposition dar: „Es gibt dieses Bild: Das eigene historische Gedächtnis reicht zwei Generationen in die Vergangenheit und zwei in die Zukunft, das ist so als ob man zwei Menschen umarmt, man kann ja vier Menschen umarmen. Das ist so die Lebens -, die Erinnerungsspanne von Menschen“. Der Urgroßvater ist eigentlich irgendwie ein Fremder. Das ist nicht mehr die eigene Welt. Ein Feldpostbrief des Urgroßvaters hat nicht mehr diesen dringlichen Bezug wie wenn es Opa war und es sind halt nicht nur die Überlebenden der Shoah, es sind die eigenen Väter, Großväter die Geschichten die erzählt wurden, der Vater der im Krieg war, der Opa der im Krieg war die Oma die usw. und so fort. Das bricht jetzt alles weg. Wir haben die letzten Überlebenden und das führt dazu das Deutschland sich auch neu positionieren muss in dieser Erinnerungskultur und schauen muss ist das möglich das zu übertragen?“

Mit der Veranstaltung konnte der während der Kreisau-Reise 2019 entfallene Lese- und Diskussionsabend nachgeholt und für einen größeren Kreis - zugänglich gemacht werden.


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